„Es werden immer Eltern für Pflegekinder gesucht!“


Wenn man das erste Mal auf Bernhard Kassin trifft, dann fällt einem sogleich sein verschmitztes Lächeln und seine entspannte Art auf. Bernhard ist vierfacher Familienvater und kommt aus Eisenkappel, einem kleinen Ort in Kärnten. Seine Familie war schon mehrere Male zu Gast auf der Sonneninsel und hat die Aufenthalte zur Erholung genutzt. Umso mehr freut es uns, dass wir heute Zeit haben, mit ihm über seinen Familienalltag und vor allem über seine Erfahrungen als Pflegepapa zu sprechen.

Bernhard, ihr habt dem Sonneninsel-Team so eine schöne Zeichnung und Gedicht gemalt – wie ist es dazu gekommen?
Meine Familie und ich wollten uns bedanken, da wir jetzt schon mehrere Mal auf die Sonneninsel kommen durften. Wir waren der Meinung, dass es Familien gibt, die es dringender brauchen… aber umso mehr freut es uns, dass ihr wieder Platz für uns gefunden habt. Dieses Mal ist der Aufenthalt besonders wichtig für unsere Tochter Michelle. Sie ist 4,5 Jahre alt und vor kurzem zu uns als Pflegekind gekommen.

Kreatives Dankeschön: Melli und Vicky von der Sonneninsel mit (jeweils außen) mit Familie Papp/Kassin und den selbstgestalteten Zeichnungen und dem lieben Gedicht.

Erzähl mal, wer ist aller mitgekommen?
Die ganze Familie ist mit dabei, denn der Aufenthalt auf der Sonneninsel ist Entspannung und Erholung für uns alle. Unser 17-jähriger Sohn Raul, seine neunjährige Schwester Lara, Michelle (4) und unser Jüngster Marius (16 Monate) genießen die Zeit hier, denn es ist für jeden etwas dabei. Wir fühlen uns hier schon richtig heimisch, unser Ältester hat Maria beim Housekeeping und Zimmer herrichten geholfen und wir haben auch schon gemeinsam mit Gustl im Sommer gegrillt – die Atmosphäre ist so super hier und zu manchen Mitarbeitern haben wir schon eine freundschaftliche Beziehung.

Wie seid ihr auf die Sonneninsel aufmerksam geworden?
Die Kinderkrebshilfe Kärnten hat uns auf die Sonneninsel hingewiesen, als Lara mit nur 13 Monaten an einem Neuroblastom erkrankt ist. Ihre Überlebenschancen waren damals nicht sehr gut und die Zeit war sehr anstrengend und aufwühlend. Ich bin erst zur Familie gestoßen als Lara schon auf dem Weg der Heilung war. Zum Glück ist alles gut ausgegangen und Lara ist heute ein außergewöhnliches und glückliches Mädchen.
Die Erholung auf der Sonneninsel hat uns immer sehr gut getan, wobei wir beim ersten Mal sicher ein zu starkes Programm gemacht haben, weil wir alles mitmachen wollten.

Aber du hast auch ein Thema, welches dir sehr am Herzen liegt und worüber du uns erzählen möchtest?
Ja genau. Meine Lebensgefährtin Rodica und ich hatten vor zwei Jahren die Idee ein Pflegekind aufnehmen zu wollen. Wir haben uns erkundigt wie das abläuft, welche Voraussetzungen man als Familie erfüllen muss, und wie die rechtlichen Vorgaben sind. Dann ist unser gemeinsamer Sohn Marius geboren, leider zwei Monate zu früh, aufgrund einer Schwangerschaftsvergiftung. Aber heute hat er alles gut aufgeholt und sich prächtig entwickelt. Und dann ist noch unser Pflegekind Michelle dazugekommen.

Und wie hat das dann ganz konkret ausgesehen?
Wir hatten ja schon die Ausbildung für Pflegeeltern gemacht, dem Jugendamt unsere Lebensumstände erläutert (Finanzen, Gesundheitscheck) und weitere Punkte wie Unterbringung (es sollte ein eigenes Kinderzimmer vorhanden sein, das Pflegekind sollte das jüngste Kind sein wenn es Geschwister gibt, etc.) etc. geklärt. Als wir dann aber wieder Eltern wurden, war das Thema kurzerhand mal auf Eis gelegt. Aber es ist doch so, es gibt so viel mehr Kinder die eine Pflegefamilie suchen, als wie Eltern die das tatsächlich machen. Es werden immer Eltern für Kinder gesucht und nicht Kinder für Eltern. Und als wir dann unsere Michelle kennengelernt haben, da hat es einfach gepasst. Man muss sich natürlich darauf einlassen, einerseits als Paar & in unserem Fall auch als Familie und die Entscheidung gemeinsam treffen.

Papa Bernhard mit seinen Töchtern Michelle und Lara.

Hast du einen Rat für andere Familien, kannst du ihnen Mut machen ein Pflegekind aufzunehmen?
Auf alle Fälle. Es hört sich zwar anfangs nach viel Bürokratie an und man muss viel von sich preisgeben, aber wer eigene Kinder hat oder mit Kindern gut kann, der kann sich das auf alle Fälle zutrauen. Man wird auch zu nichts verpflichtet, man kann jederzeit einen Rückzieher machen. Aber man sollte sein Bonus-Kind (so wie ich das lieber nenne) mit dem Herzen annehmen können, nicht nur versorgen.
Es ist in der Praxis oft kein Kind auf Zeit, sondern ein neues Familienmitglied das dazukommt. Sehr oft bleiben die Kinder in der Familie.

Wie war das bei euch?
Wir haben uns mit Michelle zwei Mal auf neutralem Boden getroffen, einfach um einander kennenzulernen. Dann hat sie auch mal bei uns übernachtet und es hat ihr gleich sehr gut gefallen. Sie war vorher schon in einer anderen Pflegefamilie, hatte aber keine richtige Bezugsperson. Als sie dann sagte, dass sie für immer bei uns bleiben möchte, war das ein ganz besonderer Moment. Und deshalb genießen wir auch den Aufenthalt auf der Sonneninsel dieses Mal ganz besonders, denn wir können hier als Familie noch mehr gemeinsam zusammenwachsen. Michelles Veränderung ist schön zu beobachten – einfach, weil man ihr so viel Liebe entgegenbringt.

Ihr seid also eine ziemlich große Familie – wie schafft ihr es als Familie eine Einheit zu sein, miteinander verbunden zu sein?
Stimmt, wir sind eine große Patchwork-Familie, da braucht es ein verbindendes Element oder ein Ritual der Verbundenheit, um alle zusammenzuhalten. Das sind oft ganz alltägliche Dinge wie eine Umarmung, die Kinder ins Bett bringen, gemeinsam am Tisch sitzen und essen. Rodica und ich sind auch streng, genauso wie andere Eltern.
Unsere Herangehensweise ist, dass wir sehr bewusst keinen Unterschied machen zwischen eigenen, geschenkten (Stiefkinder) oder Bonus-Kindern (Pflegekinder). Wir wollen, dass sich die Kinder als Geschwister sehen. Aber es gibt keine bessere Therapie oder psychologische Begleitung als wie wenn man ein Kind von Herzen annimmt und ihm Liebe entgegenbringt. Wir machen natürlich auch viel Biografie-Arbeit und Michelle ist auch mit ihrer Ursprungsfamilie weiterhin verbunden, die sie regelmäßig trifft.

Und Verbundenheit entsteht natürlich durch den gemeinsamen Alltag, den wir als Familie erleben.

 

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