Eine wichtige Rolle: Positive Psychologie
Die positive Psychologie, die „Wissenschaft des gelingenden Lebens“, spielt auf der Sonneninsel eine wichtige Rolle. „Denn das Leben macht ganz, ganz viel Sinn. Und den gilt es herauszufinden. Herauszufinden, was das Leben lebenswert macht – trotz oder mit diesem Schicksalsschlag, den die Familien erleben“, erklärt Martina, pädagogisch-therapeutische Leiterin der Sonneninsel.
Erkrankt ein Kind, versinken manche Betroffene in Druck und Stress, das endet oft in einem Tunnelblick. Sie werden komplett eingenommen von der Situation und finden aus dieser Enge allein nur schwer wieder heraus. „Oft sind die Eltern voller Sorge um das Kind, um die Zukunft, um die ganze Familie. Sie werden von den Stresshormonen geradezu überschwemmt. Nach der schweren Zeit der Erkrankung kann es vorkommen, dass sie kein Empfinden mehr dafür haben, dass das Leben auch noch andere, auch schöne Dinge bieten kann“, berichtet Martina.
Die Suche nach der Freude
Gemeinsam mit den Psychologinnen der Sonneninsel machen sich die Betroffenen auf die Suche nach den schönen Dingen des Lebens. Nach Erfahrungen, für die sie in der schweren Zeit dankbar waren, nach Erlebnissen, die trotz der Umstände gut waren. „Etwa die Erkenntnis, dass ihre Freunde so für sie da sind. Dass sie so gut in ihrer Gemeinde eingebunden sind. Dass die Musikkapelle für sie gesammelt hat. Oder dass die Nachbarn Essen vor die Tür gestellt haben. Es passiert viel Berührendes. Dieser Blick, dieses Spüren können, dass es viel mehr gibt als nur die Angst ist sehr wichtig“, erklärt Martina.
„Denn Angst lähmt uns, während positive Gefühle unseren Denk- und Handlungsspielraum erweitern. Deshalb ist es so wichtig, positive Momente und Gefühle wieder wahrzunehmen“, ergänzt Elisabeth.
Aus der Krise Kraft schöpfen
Den Blick auf Gutes lenken – das gilt nicht nur für Erlebtes und Erfahrungen, auch für das eigene Ich. „Oft entwickelt man in Krisensituationen ganz viele neue Ressourcen, das sind Kraftquellen, die uns helfen, Belastungen zu bewältigen. Diese Ressourcen wollen wir aufzeigen. Wie stark war die Familie, um diesen langwierigen Krankheitsverlauf durchzustehen? Diese Stärke bewusst zu machen, verändert schon viel.“ Vor allem Kinder blühen auf der Sonneninsel schnell auf. „Sie leben so im Moment, sind nicht verhaftet in der Vergangenheit oder der Zukunft. Sie wissen genau, was sie können und was sie gerade brauchen. Wir müssen sie nur lassen“, berichtet Elisabeth. Das ermögliche den Eltern, sich einmal gezielt zurückzulehnen, die Kinder zu beobachten, wie sie aufblühen und sie loszulassen.
Zurück in die Selbstbestimmtheit
Seinen Bedürfnissen nachspüren und sich bewusst Zeit für sich nehmen – für viele Betroffene eine konträre Erfahrung zu der erlebten Krankenhaus-Enge. Dem notwendigen, aber vorgegebenen Takt aus Behandlungen und Therapien. „In der Zeit danach geht es wieder um andere Dinge. Es geht um selbstbestimmte Entscheidungen, die nächsten Schritte für mich und meine Familie. Dieser Prozess wird von uns begleitet“, erklärt Martina. Das gilt auch für die Auswahl der Aktivitäten: Jedes Familienmitglied bekommt die Kompetenz und die Verantwortung zurück, selbst zu entscheiden, was gewählt wird.
Optimismus & Resilienz fördern
Zahlreiche Studien belegen: Humor und Optimismus, helfen, Krisen leichter zu verarbeiten.
„Mit positiv aufgeladenen Erlebnissen versuchen wir, ein Gegengewicht zu den emotional schwierigen Themen, die die Familien erlebt haben, zu schaffen. Wenn die Betroffenen später auf die Zeit Erkrankung zurückblicken, gehören auch schöne Erinnerungen an die Sonneninsel dazu.“ Martina, pädagogisch-therapeutische Leitung Sonneninsel
Mit Ressourcen-Übungen wird zudem die Resilienz der Betroffenen gestärkt. „Unter Resilienz wird die Fähigkeit verstanden, eine Situation trotz schwieriger Bedingungen gut zu meistern und die psychische Gesundheit wieder herzustellen. Eine resiliente Person lässt sich nicht unterkriegen, geht ihren Weg weiter, bleibt handlungsfähig und sucht sich zum Beispiel Hilfe.“
„Die Lösung kann nicht von außen vorgegeben werden, sie muss von innen kommen. Wir können nicht vorgeben, wie die Familien ihr Leben leben sollen. Wir können sie nur begleiten und unterstützen, ihnen neue Impulse aufzeigen. Letztendlich steckt alles in ihnen.“ Elisabeth, Psychologin auf der Sonneninsel
Die Lebensgeschichten der Gäste auf der Sonneninsel mögen durch die Erkrankung der Kinder sehr ähnlich erscheinen, sind aber doch sehr unterschiedlich – genauso die Resilienz der Betroffenen. „Hier braucht es viel Feingefühl von unserer Seite. Wir schauen, was die Person selbst beitragen kann, um die Situation gut zu meistern. Oft sind diese Fähigkeiten vom Alltag überdeckt und müssen sozusagen erst ausgegraben werden. Fest steht aber: Die Lösung liegt immer in den Menschen selbst.“