Bewegender Kurzfilm zum Thema Kinderkrebs gewinnt Filmpreis
Das Thema Krebs ist keines, über das man gerne spricht. Besonders nicht, wenn es sich um Kinder handelt. Trotzdem hat sich die Absolventin der FH Salzburg, Mira Rumpel entschieden, genau das zu tun. In ihrem Kurzfilm „Jenseits“ werden die Herausforderungen, Ängste und Emotionen, die mit einer Krebserkrankung bei Kindern in der betroffenen Familie einhergehen, beleuchtet. Mitte März hat der Kurzfilm beim wichtigen Filmfestival in Manchester in der Kategorie „Best Student Short“ den ersten Preis gewonnen. Wir haben uns mit Mira Rumpel (25) und ihrem Hauptdarsteller, Josef Auer (11), auf der Sonneninsel getroffen um über den Film und ihre Motivation sich mit diesem schwierigen Thema zu beschäftigten, gesprochen.
Mira, wie bist du auf die Idee gekommen das Thema Kinderkrebs/Leukämie zu thematisieren?
Die Zusammenarbeit mit Kindern hat mich immer schon interessiert und ich gehe mit offenen Ohren und Augen durch das Leben. Es gab da verschiedene Erlebnisse in den letzten Jahren, die schlussendlich den Impuls in mir reifen haben lassen, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Das war zum Beispiel der Tod der kleinen Schwester einer Freundin von mir. Dann die Verbundenheit mit meinem kleinen „Zieh-Bruder“ in Berlin und schließlich der Arbeitsauftrag im Rahmen meines FH Studiums ein Film-Drehbuch zu verfassen.
Der Film ist ungewöhnlich, weil nicht die Krankheit im Vordergrund steht, sondern die Lebensfreude der beiden Geschwister.
Genau. Es war nicht mein Ziel, einen typischen Erklärungsfilm über Krebs zu machen und die Krankheit in den Vordergrund zu stellen. Ich wollte auf die Beziehung zwischen Leon und seiner großen Schwester Mia eingehen. Leon ist an Leukämie erkrankt. Während er mit einer außergewöhnlich friedlichen Akzeptanz mit der Situation umgeht, erlebt seine große Schwester Mia ein Gefühlschaos voller Unglauben und Hoffnung, Schmerz und Kampfgeist. Die beiden verbindet eine ganz besondere Geschwisterliebe voller Mut und Fantasie.
Vor allem wollten wir mit dem Film inspirieren und zeigen, dass man aus einer schwierigen Situation immer das Beste machen soll, selbst wenn man nicht weiß wie es ausgeht. Es kommt auf die kleinen, aber umso bedeutsameren Momente des Lebens an. Wichtig ist, den Moment wertzuschätzen! Freude und Liebe sind wichtig in der Beziehung der Menschen untereinander, denn wenn die Liebe fehlt, dann hilft das Gesundsein auch nicht.
JENSEITS – Best „Student Short“ at MANIFF 2020 from Peach Productions on Vimeo.
Josef, wie hast du die Beschäftigung mit dem Thema Kinderkrebs im Film empfunden?
Das Drehen war eine coole Erfahrung, aber man denkt schon darüber nach wie es einem selbst gehen würde, wenn man so krank wäre. Ich spiele ja die Rolle des Leon der an Leukämie erkrankt ist. Er lebt sein Leben wie es ist, er weiß er kann es nicht ändern. Er ist selber nicht der Traurige, sondern seine Schwester drückt die Trauer für ihn aus.
Dennoch finden die Geschwister durch ihre Weltraumabenteuer eine Ebene um über die Krankheit und auch den Tod zu sprechen.
Wer ist Hannah Kasinger, der der Film gewidmet ist?
Hannah ist eine kleine Freundin, die ich vor zwei Jahren bei einer Filmwoche in der Volksschule (am Dürrnberg bei Hallein) kennengelernt habe. Da sie mir von ihrer an Leukämie erkrankten Schwester erzählt hat und Hannah und ich in der Woche schnell eine nette Verbindung aufgebaut hatten, wollte ich ihr den Film zur Ermutigung widmen, vielleicht um ein kleines bisschen Leichtigkeit in die schwierige Lage zu bringen, mit dem Tod ihrer Schwester umzugehen.
Es gab ja eine Crowdfunding-Kampagne, kannst du uns dazu etwas erzählen?
Als Studentin ist es immer schwierig genug Budget für einen Film, selbst wenn es nur ein Kurzfilm ist, aufzubringen. Deswegen war ich umso dankbarer über die Unterstützung der Salzburger Kinderkrebshilfe, meiner Familie und natürlich auch im Rahmen der Crowdfunding-Kampagne durch meine Freunde und Bekannte.
Wie viele Menschen waren beim Filmdreh dabei?
Wenn man mit Kindern dreht, geht man anders an ein Projekt heran . Man schaut ob die Darsteller miteinander funktionieren…ob die Chemie passt. Nicht nur das Endprodukt ist schön, sondern auch die Erarbeitungszeit.
Unser Team bestand aus ca. 15 Leuten (inkl. Produktion, Licht, Nachproduktion, Audio). Alle haben freiwillig bei meinem Film-Projekt mitgemacht. Es waren auch viele Master-Studierende dabei die sich mit ihrer Erfahrung toll eingebracht und mitgeholfen haben. Insgesamt gab es fünf Drehtage, aber bis zur Fertigstellung des Films hat es dann ein halbes Jahr gedauert. Die Nachbearbeitung hat es in sich: Das Material musste gesichtet, geschnitten und der richtige Ton abgemischt werden – es war ein wunderbares Projekt aber auch zeitlich sehr aufwändig.
Ich hab auch von einer Krankenschwester auf der Leukämie-Station des Kinderkrankenhauses viel über die Erkrankung gelernt und hatte so mehr Nähe und Background-Informationen zum Thema.
Im Film sind viele schöne Metaphern zu finden: Du benutzt unter anderem das Weltall um die Geschwister über das Jenseits sprechen zu lassen. Wie ist es dazu gekommen?
Bis das Drehbuch fertig war hat es sich oft verändert. Ursprünglich war Leon Fußballer und die Geschichte sollte sich um das runde Leder drehen. Aber ich glaube ein Gespräch mit einem Freund über Flugzeuge gab den entscheidenden Anstoß dazu, die Geschwister zum Mond fliegen zu lassen. Der Weltall, das Leben der Astronauten, Neil Armstrong, all das sind Themen die Kinder faszinieren. Die Flieger, der Himmel… das hat plötzlich alles zusammengepasst um die Kinder und den Tod als Thema zu behandeln.
Auch der Mundschutz (schon vor Corona) wird im Film thematisiert, obwohl das schon 2018 gefilmt wurde?
Ja, stimmt. Der Film hat im Frühjahr 2020 unfreiwillig an Aktualität gewonnen. Auch die weißen Anzüge die die Geschwister sich anziehen um ihr Weltraumabenteuer zu erleben bzw. um wie ein Astronaut auszusehen, ähneln den Bildern der Schutzanzüge die uns aus China via TV erreicht haben.
Bewegend sind auch die Film-Dialoge über den Tod, das Leben danach. Wie ist dir das eingefallen? (Anmerkung: Leon träumt davon Weltraumastronaut oder Feuerwehrmann im Weltall zu werden, der die Blitze im Universum löscht, bevor sie auf die Erde kommen.)
Ich persönlich habe einen hoffnungsvollen Glauben und bin überzeugt, dass der Tod nichts ist wovor man Angst haben muss. Klar hofft man, dass das Leben weitergeht, aber selbst wenn das Schlimmste passiert, ist immer noch Hoffnung da.
Auch die Rolle des Leon hat diesen Glauben und deshalb keine Angst, denn es wartet etwas noch Schöneres auf ihn. Ich wollte diesen positiven Glauben/Gedanken in den Dialogen der Geschwister auf eine kindliche Weise darstellen als ich das Drehbuch geschrieben habe. Einzelne Sätze waren gut überlegt, aber im Schreibfluss sind mir auch die Metaphern zum Feuerwehrmann der im Weltall die Blitze löscht und die Abenteuer des Weltraumastronaut gekommen. Durch die Metaphern ist es mir gelungen auch Poesie in den Film zu bringen.
Wer ganz genau hinschaut, findet zu Beginn und Ende des Kurzfilms Analogien. Den Helm, den der kranke Leon bei seinen Weltraumabenteuern aufhat, den trägt am Ende des Films auch seine Schwester Mia und lebt so in ihm weiter. Das passt auch zum offenen Ende des Films: „Dann wird sie zu Neil Armstrong und bleibt für ihren Bruder stark…“
Der Film erlaubt unterschiedliche Blickwinkel und Sichtweisen auf eine Krebserkrankung, die Sicht der Kinder ist ganz anders als die der Erwachsenen.
Ja genau. Jeder geht anders mit der schwerwiegenden Erkrankung von Leon im Film um. Manchmal kann es eine hysterische Besorgtheit sein (wie bei Leons Mutter im Film), die Geschwister gehen eher friedlich mit dem Thema untereinander um. Nur in einer Szene, nämlich als Schwester Mia in der Dusche vor Schmerz zusammenbricht, merkt man, wie belastend die Situation auch für sie als Geschwisterkind ist. Aber der Film kann, gerade wenn man in einer Tief-Phase ist, einem auch helfen und aufheitern wieder die positiven Aspekte des Lebens zu sehen.
Noch eine Abschlussfrage an Josef: Wie bist du zur Schauspielerei gekommen?
Meine erste Erfahrung beim Film hatte ich beim Casting zu Adrian Goigingers Film „Die beste aller Welten“. Dort habe ich einen Schulfreund gespielt.
Mir gefällt die Schauspielerei und die Arbeit am Set. Bei den Dreharbeiten zu „Jenseits“ hatte ich ja die Hauptrolle und durfte in einem coolen Flieger beim Hangar 7 sitzen. Bei einem Film dabei zu sein, das ist schon etwas Besonderes für mich. Und wenn ich dann den Text nicht vorlesen, sondern frei sprechen kann, dann kann ich auch meinen Charakter und Persönlichkeit einbringen.
Liebe Mira, lieber Josef, vielen Dank für euer Kommen und das Gespräch.