Dr. Elisabeth Uttenthaler, Psychologin auf der Sonneninsel Seekirchen

Die Psychologin Elisabeth Uttenthaler


Sie wollte es genau wissen. Da ihr das Studium der Psychologie nicht ausreichend Antworten auf all ihre Fragen gab, studierte sie kurzerhand noch Neurobiologie dazu. Danach folgte ein Doktoratsstudium an der TU München im Bereich der Neurowissenschaften. Die Neubildung von Nervenzellen im erwachsenen Gehirn und deren Auswirkungen auf Lern- und Gedächtnisprozesse, sowie auf neurodegenerative und psychische Erkrankungen haben es ihr angetan.

Nach ihren Ausbildungen merkte sie, dass sie die Antworten auf ihre Fragen nicht allein in der Forschung findet. Es entstand der Wunsch, direkt mit Menschen zu arbeiten. Heute ist die dreifache Mutter Elisabeth Uttenthaler mit viel Freude als Psychologin auf der Sonneninsel beschäftigt.

Ein Gespräch mit Dr. Elisabeth Uttenthale

Wie kamst du auf die Sonneninsel?

„Nach meinen Ausbildungen arbeitete ich in einer psychosomatischen Klinik in Simbach, eine spannende neue Erfahrung. Ich hatte jetzt das Gefühl, das richtige Alter zu haben, um therapeutisch zu arbeiten. Ich lernte unterschiedliche Therapierichtungen kennen und wie Kollegen arbeiteten“, erzählt sie. In Simbach lernte sie auch Martina Weber, die heutige psychologische Leiterin der Sonneninsel, kennen und schätzen. Obwohl beide die Klinik verließen, Martina übernahm die pädagogisch-therapeutische Leitung auf der Sonneninsel, Elisabeth bekam ihr drittes Kind, blieben sie immer in Kontakt. Als auf der Sonneninsel eine Psychologin in Teilzeit gesucht wurde, bewarb sich Elisabeth und wurde ins Team aufgenommen.

Magst du deine Arbeit auf der Sonneninsel?

„Diese Tage, die ich hier arbeite, liebe ich!“ Elisabeth strahlt und erzählt weiter: „Es fühlt sich so stimmig an. Ich bin einfach so gerne da. Die Haltung hier im Haus ist eine ganz spezielle, so wertschätzend, warm. Es ist viel Dankbarkeit da. Bei all den schweren Themen, die dabei sind, lässt sich diese Belastung gut tragen, weil wir so ein gutes Miteinander haben. Das spüren natürlich auch die Familien. Das kommt auch bei ihnen an und sie geben das auch wieder zurück. Darum kann man gut viel geben, weil man viel wieder zurückbekommt.

Sie liebt ihre Arbeit auf der Sonneninsel Seekirchen. Dr. Elisabeth Uttenthaler

Sie liebt die Arbeit auf der Sonneninsel Seekirchen.

Worin besteht der Unterschied zwischen der Arbeit in der Klinik und auf der Sonneninsel?

„Was ich hier so schätze ist, dass ich so viele Gestaltungsmöglichkeiten habe. Das ist in der Klinik ganz anders strukturiert, viel enger. Hier habe ich zum Beispiel die Möglichkeit, dass ich mit den Familien für ein Gespräch rausgehe. Das mache ich sehr gerne, weil ich den Raum der Natur mit einbeziehen kann. Es gibt viele Studien, die zeigen, wie wichtig Naturräume für das körperliche, mentale und psychische Wohlbefinden sind und nachdem wir hier so schön eingebettet in der Natur liegen, kann ich das gut ausschöpfen.“ Sie betont, dass sie den „geschützten“ Raum des Hauses nur verlässt, wenn das auch ihre Gäste (so werden Patient/Innen auf der Sonneninsel bezeichnet) möchten. „Alleine schon durch das Gehen, kommt einiges in Bewegung und man findet oft noch einen anderen Zugang in der Natur“, erzählt sie weiter.

 Wie sieht das psychologische Angebot auf der Sonneninsel aus?

Als Psychologin bietet sie gemeinsam mit Martina Weber psychologische Gespräche, Ressourcen- und Entspannungsübungen an. Ganz besonders schätzt sie, dass dieses Angebot tatsächlich ein Angebot bleibt und nicht zur Verpflichtung wird. Die Familien können selbst aus einem umfangreichen Angebot wählen, denn das psychologische Gespräch ist nur ein Punkt von vielen. „Das Ziel von uns in der Nachsorge ist, dass wir nicht von außen vorgeben, was jedes einzelne Familienmitglied gerade braucht. Es ist uns sehr wichtig, dass sie selbst wieder ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und Vertrauen in sich selbst entwickeln.

Es geht nicht darum, dass die Familien hierherkommen und „Urlaub“ machen. Es steckt da viel mehr dahinter. Sie müssen erst wieder lernen, eigene Verantwortung zu übernehmen und individuelle Strategien für den „neuen“ Alltag entwickeln.

Während der Therapie war es wichtig, dass von außen vorgegeben wird, welche Behandlungen wann durchgeführt werden müssen. Diese Abläufe sind strikt vorgeben und genau einzuhalten. Es kann passieren, dass durch diese meist lange Zeit der Therapie die Familien danach unsicher werden. Nicht genau wissen, was das Kind, was die Familie jetzt braucht. Die Verantwortung für all diese Entscheidungen müssen jetzt wieder selbst übernommen werden. Wenn wir jetzt wieder den Ablauf bzw. das zu wählende Programm vorschreiben, geht das am Ziel vorbei. Jeder Gast steht an einem anderen Punkt und das möchten wir berücksichtigen.

Wir wollen nicht „nur“, das erkrankte Kind im Blick haben, es ist uns die gesamte Familie wichtig. Das ganze System sehen und unterstützen zu können, das macht die Arbeit besonders wertvoll“, berichtet die Psychologin.

„Die Eltern sind meist vorsichtig. Was darf mein Kind jetzt. Vieles war nicht möglich während der Behandlungszeit. Auch die Geschwisterkinder mussten sehr viel Rücksicht nehmen und auf vieles verzichten. Wir möchten den Raum wieder aufmachen, zum Ausprobieren animieren und auf diese Weise ihre Selbstwirksamkeit und ihr Selbstvertrauen stärken.“ Dr. Elisabeth Uttenthaler

 Zu meinen Aufgaben zählt neben der psychologischen Tätigkeit mitunter auch das Fundraising. Als gemeinnützige und Spenden-finanzierte Organisation sind wir immer auf der Suche nach Spendengeldern und Förderern, um vielen Familien einen Aufenthalt auf der Sonneninsel ermöglichen zu können.

Wie geht es dir damit, die Familien in ihrem Schicksal zu begleiten?

„Ich höre hier wirklich viele schlimme Sachen und es ist schon so, dass ich oft sehr berührt bin. Ich finde es wichtig, dass man berührbar bleibt, weil nur so kann man sich einlassen auf diese Schicksale. Wir arbeiten auf der Sonneninsel sehr ressourcenorientiert. Ressourcen sind Kraftquellen, die uns bei der Bewältigung von Belastungen helfen. Neben der Aufarbeitung des Erlebten, ist uns der Blick nach vorne besonders wichtig. Wir möchten die Familien dabei unterstützen den „neuen“ Alltag zuhause gut zu meistern.

Mir persönlich gelingt es gut, dass ich diese Schicksale gut verarbeiten kann. Das Konzept der Sonneninsel ist so hoffnungsvoll ausgerichtet. Wir versuchen ganz viel Positives mitzugeben und deswegen fühlt es sich – trotz all der belastenden Themen – nicht so schwer an. Wenn wir sehen, dass Kinder und Familien wieder lachen können, dann wissen wir, wir haben etwas richtig gemacht.

Dieses Wissen, da gibt es dieses Haus. Da kann ich hingehen und es wird mir geholfen. Das finde ich so schön, so wichtig“ Dr. Elisabeth Uttenthaler

Gibt es Familien, die abgelehnt werden müssen?

„Wir sind zum Glück in der Lage, fast niemanden ablehnen zu müssen. Einzige Voraussetzung, die Intensivtherapie muss abgeschlossen sein, da wir keine medizinische Reha-Einrichtung sind.

Wichtig ist auch, dass nicht ausschließlich Familien mit onkologisch erkrankten Kindern, sondern auch Kinder mit anderen Erkrankungen aufgenommen werden. Der Aufnahmeprozess läuft unbürokratisch ab. Die Familien melden sich bei uns und wir führen ein ausführliches Erstgespräch, in dem alle wichtigen Dinge geklärt und Infos ausgetauscht werden. Im Aufnahmefragebogen wählen alle Familienmitglieder aus dem umfangreichen pädagogisch-therapeutischem Angebot aus und wir erstellen für jede Familie ein ganz individuelles bedürfnis-orientiertes Programm. Das ist ein großer logistischer Aufwand, die Rückmeldungen der Familien zeigen uns jedoch, dass es sich mehr als lohnt. Die Dankbarkeit ist immer sehr groß, weil alle Familienmitglieder Therapien in Anspruch nehmen dürfen. Das ist etwas Besonderes und wird von vielen als Geschenk empfunden.“

Was erzählst du deinen Kindern über deine Arbeit?

„Ja, natürlich fragen sie nach, was ich da mache. Sie spüren, wie gerne ich hier arbeite. Letztens haben sie mich gefragt, welche Ausbildung sie bräuchten, um auch auf der Sonneninsel arbeiten zu können. Das freut mich sehr“, erzählt Elisabeth lächelnd.

Was sie noch sagen möchte …

Spannend findet sie, dass sich manche Eltern vorerst nicht für ein psychologisches Gespräch anmelden. Es ist oft eine Hürde, die überwunden werden müsste. Wir gehen aber regelmäßig durchs Haus und stellen uns natürlich bei unseren Gästen vor. Oftmals ergibt sich dann ein ganz ungezwungenes und offenes Gespräch am Gang oder in einer unserer gemütlichen Ecken, das sind sehr schöne Momente.

 

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