
„Ein Praktikum fürs Leben“
Heute möchten wir euch Isabella Dattinger vorstellen. Sie stammt aus Oberösterreich und hat nach Abschluss ihres Psychologie-Studiums ein viermonatiges Praktikum bei uns auf der Sonneninsel absolviert.
Liebe Isabella, wie bist du auf die Sonneninsel aufmerksam geworden?
Ich war auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz um meine Kinder- und Jugendstunden für die Ausbildung zur klinischen Psychologin zu absolvieren. Da hab ich mich erinnert, dass zwei Uni-Kolleginnen schon ein Praktikum auf der Sonneninsel gemacht haben und sehr begeistert waren.
Wie sah dein Praktikum auf der Sonneninsel aus? Was waren deine Aufgaben?
Ich hab mein Praktikum im psychologischen Kinder- und Jugendbereich absolviert. Ich war bei vielen unterschiedlichen Therapieformen wie der Kunst- oder Ergotherapie (z.B. beim Töpfern, beim Backen, kreativem Gestalten, etc.), Gesprächen, Ausflügen, Gesundheitsvorsorge, uvm. dabei. In diesem Haus ist jeder für jeden da und ich hab einen tollen Einblick über alle Bereiche und Angebote der Sonneninsel erhalten.
Welche Verantwortung hattest du während deines Praktikums?
Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase war ich voll in den Alltag der Sonneninsel involviert und habe ganz viele Aufgaben bekommen. Da ich mit meiner Ausbildung schon fertig bin, durfte ich selbst Programme und Gespräche mit den Gästen führen. Ich fühlte mich sehr involviert und mir wurde auch viel Vertrauen entgegengebracht. Kurzum: Ich habe mich sehr ausgelastet gefühlt – im positiven Sinn.
Du warst ja auch bei den „Get together“, den Jugendtreffs auf der Sonneninsel dabei? Wie hast du das Programm „erlebt“?
Ja genau, ich durfte drei Mal die Get together-Wochenenden begleiten.
Das Besondere oder der Mehrwert der Treffen ist, dass die Jugendlichen hier schnell Freunde finden oder ihre Freunde hier wieder treffen können. Auch wenn die Erkrankung oft Jahre her ist, gibt es bei vielen Jugendlichen unsichtbare Einschränkungen, die sich erst im Alltag zeigen. Hier auf der Sonneninsel haben sie einen Platz, wo sie sich über Jahre hinweg mit anderen Betroffenen dazu austauschen können.
Ich habe das Gefühl, dass die Sonneninsel eine Art „Safe Space“ für die Jugendlichen geworden ist. Jeder darf in der Gruppe so sein wie er will. Es wird Rücksicht genommen, keiner wird ausgegrenzt. Es wird nie jemand ausgelacht oder diskriminiert, das ist in der „realen Welt“ oft ganz anders. Sie pushen und unterstützen sich gegenseitig und das ist wirklich schön zu sehen.
Das Team der Sonneninsel begleitet die Jugendlichen dabei und versucht Hilfestellungen für ihren Alltag mitzugeben. Themen sind z.B. berufliche Orientierung, Partnerschaft, etc.
Die Sonneninsel ist ja ein Nachsorgezentrum für (ehemals) an Krebs erkrankte Kinder & Jugendliche. Hat sich die Wahrnehmung des Begriffes „Nachsorge“ für dich nach dem Praktikum geändert?
Ja schon. Ich habe gelernt, dass eine so schwerwiegende Krankheit wie die Krebserkrankung eines Kindes ist nie ganz vorbei ist. Ein betroffenes Kind wird immer betroffen sein. Und auch das Familiensystem wird immer betroffen sein, denn die Ängste und Sorgen der Eltern bleiben bestehen, auch nach der Akutphase der Erkrankung.
Es ist wichtig, dass es solche Nachsorgezentren gibt. Viele Familien haben mir erzählt, dass sie keine Reha mehr machen dürfen und wenn es die Sonneninsel nicht gäbe, würden sie durch den Rost fallen. Die Sonneninsel fängt sie mit ihrem Nachsorgeangebot auf bzw. begleitet sie in den Jahren nach der Erkrankung.
Auch aus psychologischer Sicht ist Nachsorge sehr wichtig. Oftmals ist erst Jahre später Zeit, um das Erlebte tatsächlich aufzuarbeiten. Die Sonneninsel ist ein Ort um eine schöne Zeit und Entspannung zu schaffen und das öffnet auch die Gefühlswelt und lässt Raum, um das Erlebte Revue passieren zu lassen.
Während meines Praktikums gab es unterschiedliche Momente, wo mir betroffene Eltern von ihren Erfahrungen erzählt haben. Spannend war vor allem ein Gespräch mit einem Vater, der sich hier auf der Sonneninsel erstmals öffnen konnte. Erst hier fand er die Zeit, das Erlebte zu reflektieren (Anmerk.: Die Zeit im Krankenhaus). Es war schön zu sehen, dass ein psychologisches Gespräch auch viel Freude/Erleichterung bringen kann.
Was hat dir besonders gut gefallen?
Die positive Stimmung im Haus. Es geht eine ganz besondere Atmosphäre von diesem Haus aus, die sich auf alle überträgt. Obwohl die Krebserkrankung bei Kindern und Jugendlichen ein sehr schweres Thema ist, bin ich jeden Tag sehr glücklich und mit dem Gefühl etwas Sinnvolles getan zu haben, rausgegangen. Mir gefällt der Spirit des Hauses und das Konzept: Die Sonneninsel ist zu 100% von Spenden finanziert, dadurch in ihrer Arbeit aber auch frei und eigenständig. Das ist wirklich ein Alleinstellungsmerkmal.
Und ganz besonders begeistert war ich natürlich vom Team. In diesem Haus sind alle sehr kompetent und jeder für jeden da. Alle lieben was sie tun.
Was nimmst du dir persönlich mit?
Jeden Tag zu leben und zu genießen, denn man weiß nie was kommt. Mir gefällt die Arbeit mit Kinder und Jugendlichen sehr gut und ich könnte mir vorstellen später in dem Bereich zu arbeiten.
Gab es ein Erlebnis/Situation, an die du dich besonders gerne erinnerst?
Der Kontakt mit den betroffenen Familien auf der Sonneninsel war sehr eng. Es war eine intensive Zeit, man ist so nah an den Familien und entwickelt viel Empathie zueinander. Ich erinnere mich gerne an eine Familie aus Wien, die hatten zwei sehr liebe Mädchen. Bei der Abreise wollten sie mich am liebsten mit nach Wien nehmen.